Anastasia-Bewegung: „Dringender Aufklärungsbedarf“
Die Anastasia-Bewegung als gesellschaftliche Herausforderung bildete ein zentrales Thema beim dreitägigen Treffen der katholischen Referenten*innen für Weltanschauungsfragen Österreichs in Salzburg. „Es geht sowohl um weltanschauliche Aufklärung, als auch darum, auf mögliche Gefahren des ‚Anastasianismus‘ hinzuweisen“, so Johannes Sinabell, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Weltanschauungsfragen.
Die Anastasia-Bewegung basiert auf der gleichnamigen Buchreihe von Wladimir Megre. Die Anhänger*innen suchen ein möglichst autarkes Leben im Rückzug aus dem gesellschaftlichen System. Dazu sollen sogenannte „Familienlandsitze“ gegründet werden. Während diese in Österreich kaum Bedeutung haben, stößt die kritische bis ablehnende Sicht des Bildungssystems auf größere Resonanz.
Matthias Pöhlmann, der seit Jahren die Entwicklung der Bewegung beobachtet, thematisierte auf der Tagung die Attraktivität für Menschen, die nach alternativer Spiritualität, neuen gesellschaftlichen Formen des Zusammenlebens, naturbezogenen, ökologischen Lebensformen, alternativem Heilwissen und nach alternativen Lehr- und Lernmethoden suchen.
„Diese vielversprechende Fassade soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass Megres Bücher rechtsextremes, antidemokratisches, verschwörungsideologisches und antisemitisches Gedankengut verbreiten, wie etwa die jüngste Veröffentlichung der Dokumentationsstelle religiöser Extremismus hervorhebt“, so Sinabell. Zudem beobachtet die Arbeitsgemeinschaft, dass dieser sozialutopische Gegenentwurf zur Gesellschaft zum Abbruch familiärer und freundschaftlicher Beziehungen führen kann. „Dringender Aufklärungsbedarf ist deswegen gegeben“, betont Sinabell.
ARGE Weltanschauungsfragen, November 2022
Weiterführende Literatur und Materialien:
Pöhlmann, Matthias: Ahnenwissen und Zedernprodukte. Die Anastasia-Bewegung verbreitet
antisemitisches Gedankengut, in: Herder Korrespondenz 72,7 (2018), 36-39;
Pöhlmann, Matthias: Familienlandsitze, Zedernnüsse und Verschwörungstheorien. Die
Anastasia-Bewegung als esoterischer Weltanschauungsextremismus, in: Udo Schuster
(Hg.), Rassismus im neuen Gewand. Herausforderungen im Kommunikationszeitalter
4.0, München 22019, 315-334;
Rosga, Anna: Die Anastasia-Bewegung. Schnittstelle zwischen Ökologie, Esoterik & rechter
Ideologie, in: Heike Leitschuh u. a. (Hg.), Ökologie und Heimat. Gutes Leben für
alle oder die Rückkehr der braunen Naturschützer? Jahrbuch Ökologie 2021, Stuttgart
2020, 82-89;
Warnemann, Alexander / Koch, Oliver: „… nimm Dir einen Hektar Land“. Ein Besuch auf
dem Anastasia-Familienlandsitz Waldgartendorf von Konstantin Kirsch, in: Materialdienst
der EZW 2/2019, 54-60.