Bekenntnisgemeinschaft, religiöse
Folgen und Grenzen
Änderung des Gesetzes
Weiterführende Links
Mit 10. Jänner 1998 trat das "Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften" (BGBl. I Nr. 19/1998) in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt können sich Anhänger einer staatlich nicht anerkannten Religion zu einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft zusammenschließen. Dazu müssen Vertreter der Gemeinschaft einen entsprechenden Antrag beim Kultusamt (seit 1. März 2014 mit allen Agenden im Bundeskanzleramt angesiedelt) einbringen. Die Behörde hat sechs Monate Zeit den Antrag zu prüfen. Die Anträge müssen nach Einlangen auf einer Homepage für den Bereich „Kultusamt“ öffentlich zugänglich gemacht werden. Am 18. August 2011 wurde die ursprüngliche Fassung des Gesetzes geändert.
Die wesentlichsten Antragsvoraussetzungen sind: Der Nachweis von mindestens dreihundert Mitgliedern mit Wohnsitz in Österreich, die keiner anderen staatlich anerkannten Kirche, Religionsgesellschaft oder eingetragenen Bekenntnisgemeinschaft angehören dürfen. Es sind Statuten vorzulegen, aus denen sich Inhalt und Praxis des Religionsbekenntnisses ergeben.
Bei Aufforderung zu einem mit Strafe bedrohten gesetzwidrigen Verhalten, einer Behinderung der psychischen Entwicklung von Heranwachsenden, Verletzung der psychischen Integrität und bei Anwendung psychotherapeutischer Methoden insbesondere zum Zweck der Glaubensvermittlung hat die Kultusbehörde den Erwerb des Status einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft zu versagen (vgl. §5).
Durch einen Bescheid der Behörde erwirbt die Gemeinschaft die Rechtspersönlichkeit einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft. Derzeit gibt es in Österreich elf religiöse Bekenntnisgemeinschaften mit Rechtspersönlichkeit.
Folgen und Grenzen
Die Mitglieder einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft gelten als Personen "ohne religiöses Bekenntnis", da sie zu keiner staatlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft gehören.
Lediglich die Zeugnisformularverordnung berücksichtigt die konfessionelle Zugehörigkeit der SchülerInnen zu einer Bekenntnisgemeinschaft. Dort wird der Besuch eines schulischen Religionsunterrichtes vermerkt, wenn auch nicht benotet. Religionsunterricht im
Fächerkanon der Schule können nur gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften anbieten. Für eine institutionalisierte Anstaltsseelsorge (Krankenhaus, Altenheim u. ä.) gibt es keine gesetzliche Grundlage. Eine solche besteht auch nicht im Falle der Militär- und der Gefängnisseelsorge.
Die Bekenntnisgemeinschaften bilden eine Art Vorstufe zum Status einer "gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft". Um diesen zu erreichen sind zunächst die Voraussetzungen zu erfüllen, die im Gesetz betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften (RGBl. Nr. 68/1874) gefordert werden.
Darüber hinaus muss die angehende Kirche oder Religionsgesellschaft folgende Voraussetzungen erfüllen:
- bestimmte Kriterien in Bezug auf die Dauer ihres Bestehens,
- die Anzahl der Angehörigen muss die Höhe von mindestens 2/1000 der Bevölkerung Österreichs nach der letzten Volkszählung (derzeit mind. 16.861 Personen) betragen; wenn der Nachweis aus den Daten der Volkszählung nicht möglich ist, so hat die Bekenntnisgemeinschaft diesen in anderer geeigneter Form zu erbringen.
- Verwendung der Einnahmen und des Vermögens für religiöse Zwecke (wozu auch in der religiösen Zielsetzung begründete gemeinnützige und mildtätige Zwecke zählen),
- positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat,
- keine gesetzwidrige Störung des Verhältnisses zu den bestehenden gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie sonstigen Religionsgemeinschaften.
Beim Kultusamt im Bundeskanzleramt kann jeder Auskunft über die aktuelle Anschrift der staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften und deren vertretungsbefugte Mitglieder erhalten.
Änderung des Gesetzes
Neben anderen Änderungen wurde 2011 das ursprüngliche Gesetz durch den §11a ergänzt. Dieser behandelt die Aufhebung der Anerkennung einer Kirche oder Religionsgesellschaft. Die Anerkennung muss aufgehoben werden, wenn:
- eine für die Anerkennung maßgebliche Voraussetzung nach § 11 Z. 2 bis 4 (Verwendung der Einnahmen und des Vermögens für religiöse Zwecke, positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat, sowie Verhältnis zu den bestehenden gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie sonstigen Religionsgemeinschaften) nicht oder nicht mehr vorliegt,
- die Religionsgesellschaft durch mindestens ein Jahr keine handlungsfähigen statutengemäß vertretungsbefugten Organe für den staatlichen Bereich besitzt,
- ein Untersagungsgrund für eine religiöse Bekenntnisgemeinschaft gemäß § 5 vorliegt, sofern trotz Aufforderung zur Abstellung des Aberkennungsgrundes dieser fortbesteht,
- ein statutenwidriges Verhalten trotz Aufforderung zur Abstellung fortbesteht, oder
- mit der Anerkennung verbundene Pflichten trotz Aufforderung nicht erfüllt werden.
Links
Kultusamt:
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/kultusamt.html
Gesetz betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl. Nr. 68/1874: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10009173
Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften:
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010098
Dokumentation der Überarbeitung des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (2011):
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_01256/index.shtml
Johannes Sinabell, 2021